Zwischen 1880 und 1913 entstand in drei Bauabschnitten die Pestalozzischule. Das beschleunigte Wachstum der Gemeinde bis zum Ersten Weltkrieg machte den sukzessiven Ausbau der Schule erforderlich. Der älteste Teil befindet sich im südlichen Bereich des tiefen Grundstücks. Von der Straße sichtbar zeigt sich die repräsentative Fassade des 1912/13 in neuklassizistischen Formen errichteten Trakts. Mittig im Kämpferschlussstein über dem Rundbogenportal erscheinen das skulptierte Bildnis des Pädagogen Heinrich Pestalozzi und darüber ein allegorisches Relief, das Kinder mit einem Bienen- und einem Fruchtkorb darstellt. Ursprünglich war im Sockelgeschoss ein Volksbad untergebracht. Von der großzügigen Erdgeschosshalle, in der ein von Sitzbänken flankierter Wandbrunnen aus Marmor angebracht ist, gelangt man in sieben Schulsäle.
Für den Bau der Pestalozzischule musste das barocke Gasthaus „Zum Ochsen“ weichen, das Anfang des 18. Jahrhunderts der Wohnsitz des Anton Otto von Cloß war. Der kurpfälzische Obrist hatte sich nach Beendigung seiner militärischen Karriere in Nieder-Ingelheim niedergelassen und nach und nach einen Grundbesitz von über 100 Morgen erworben. In seinem Testament bedachte er viele Gemeinden mit Armenstiftungen. In Nieder-Ingelheim wurde die Jesuitenmission eingerichtet, die täglich für Arme und Durchreisende 30 Kreuzer und einen Laib Brot ausgab. Die Wohltätigkeitsanstalt bestand bis zur Inflation nach dem Ersten Weltkrieg.
